Campylobacter
Campylobacter spp.
Steckbrief
Campylobacter sind gramnegative, nicht sporenbildende spiralförmig gebogene Bakterien. Sie wachsen unter mikroaeroben Bedingungen (verminderter Sauerstoffgehalt), reagieren empfindlich auf saure und basische pH-Werte, werden durch Pasteurisieren sicher abgetötet. Die häufigsten Arten sind C. jejuni, das etwa 90 % der humanen Erkrankungsfälle (Campylobacteriose) verursacht, und C. coli.
Vorkommen
Infektionen durch Campylobacter sind weltweit verbreitet und treten gehäuft in der warmen Jahreszeit auf. Sie stellen neben den Salmonellen die bedeutendsten Erreger bakterieller Darmerkrankungen beim Menschen dar. Wie in den Jahren zuvor liegt in Österreich auch im Jahr 2022 die Campylobacteriose an erster Stelle der gemeldeten lebensmittelbedingten bakteriellen Infektionskrankheiten.
Erregerreservoir
Geflügel, Schweine, Rinder, Haustiere wie Hunde und Katzen sowie Wildtiere, insbesondere Vögel, können Träger von Campylobacter sein. Es handelt sich bei diesen Keimen um mögliche Darmbewohner dieser Tiere, bei denen sie nur selten Erkrankungen hervorrufen.
Infektionsweg
Die Campylobacteriose des Menschen gilt hauptsächlich als nahrungsmittelbedingte Infektion. Hauptinfektionsquellen stellen in erster Linie unzureichend erhitztes Geflügelfleisch, damit kontaminierte nicht erhitzte Speisen (z. B. nach Verwendung desselben Schneidbrettes ohne gründliche Reinigung nach Zerlegen des Geflügels) und Rohmilch dar. Eine direkte Übertragung von Mensch zu Mensch (fäkal-oral) ist selten.
Inkubationszeit
Meist 2 bis 5 Tage, abhängig von der aufgenommenen Keimzahl.
Symptomatik
Erkrankungen können sich durch hohes Fieber, wässrige bis blutige Durchfälle, Bauchschmerzen, Kopfweh und Müdigkeit äußern, die Erkrankung kann auch asymptomatisch, also ohne erkennbare Krankheitszeichen, verlaufen. Die Krankheit dauert durchschnittlich wenige Tage bis eine Woche, gelegentlich auch länger. Als Folgeerkrankung können u. a. Gelenkserkrankungen (z. B. reaktive Arthritis) und das Guillain-Barré-Syndrom (GBS), bei dem es zu Lähmungserscheinungen der peripheren Nerven kommt, auftreten.
Therapie
In der Regel ist eine Erkrankung selbstlimitierend und als Therapie der Ausgleich des Wasser- und Elektrolythaushaltes ausreichend. Kleinkinder sowie Patientinnen und Patienten, die hohes Fieber entwickeln oder immungeschwächt sind, können zusätzlich mit Antibiotika behandelt werden.
Vorbeugung
Hygiene bei der Speisenzubereitung, um Kreuzkontaminationen zwischen rohem Fleisch und anderen Lebensmitteln zu vermeiden. Schon sehr geringe Mengen des Erregers (ca. 500 Keime) können beim Menschen eine Infektion auslösen. Zum Vergleich: auf einem Gramm Geflügelhaut können mehr als 10.000 Keime (Kolonie-bildende Einheiten) gefunden werden.
Mehr Informationen zu Küchenhygiene finden Sie hier.
Situation in Österreich
Mensch
Das saisonale Auftreten von Campylobacteriosen zeigte in den vergangenen Jahren ein gleichartiges Muster: die wenigsten Erkrankungsfälle zwischen November und April, die meisten Fälle von Juni bis September. Ein annähernd gleiches Bild liefern die Isolationsraten thermotoleranter Campylobacter aus geschlachteten Masthühnerherden, mit den höchsten Werten in den Sommermonaten, die in der Folge im Sommer auf höhere Kontaminationsraten von frischem Hühnerfleisch im Einzelhandel schließen lassen und somit auf dieses Lebensmittel als bedeutendstes Erregervehikel für Campylobacter hinweisen.
Campylobacter-Fälle in Österreich
Lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche
Im Jahr 2023 wurden in Österreich zwölf durch Campylobacter verursachte lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche (LMbKA) ins Epidemiologische Meldesystem (EMS) eingemeldet, mit 26 betroffenen Personen, drei davon mussten im Krankenhaus aufgenommen werden. Die Anzahl an Ausbrüchen durch Campylobacter hat in den vergangenen Jahren stark abgenommen. Insgesamt wurden 218 Ausbrüche in den letzten 10 Jahren ins EMS gemeldet, 40 im Jahr 2014, am wenigsten im Jahr 2021.
Lebensmittel
Im Jahr 2023 wurden ca. 450 Lebensmittelproben (amtliche Untersuchungen nach Probenplan) auf Campylobacter untersucht, vorwiegend Geflügelfleisch und Geflügelfleischzubereitungen (ca. 360 Proben), verzehrsfertige Lebensmittel (ca. 30 Proben) sowie Rohmilch ( 50 Proben). Erstmals wurden auch Insekten (zum menschl. Verzehr bestimmt) auf Campylobacter untersucht, jedoch in keiner der 11 Proben nachgewiesen.
In 173 Proben wurden Campylobacter nachgewiesen, davon 134 mal in frischem Hühnerfleisch (n=185). In frischem Putenfleisch konnte Campylobacter 2 Mal (16 untersuchte Proben) nachgewiesen werden. Die Positivitätsrate liegt somit bei frischem Hühnerfleisch, abhängig von der Jahreszeit, bei ca. 70 %, das entspricht dem Anteil der vergangenen Jahre. Nicht nachweisbar waren Campylobacter in Rohmilch und anderen Speisen. Rind- und Schweinefleisch wird nur selten untersucht, weil Campylobacter durch die Produktionsbedingungen (anderer Schlachtprozess; dieses Fleisch wird gereift, die Fleischoberfläche trocknet ein) im Allgemeinen nicht überlebt und daher diesen Lebensmitteln nur eine geringe Rolle als Infektionsquelle für den Menschen zukommt.
Das Prozesshygiene-Kriterium "Campylobacter" (geregelt in der VO (EU) 2017/1495 der Kommission (im Rahmen der VO (EU) 2073/2005, mikrobiologische Kriterien) ist in Österreich seit 1.1.2018 in Kraft. In österreichischen Masthähnchen-Schlachthöfen wurden insgesamt 978 Proben zum Zwecke der Eigenkontrolle gezogen. Davon konnte in 134 Proben Campylobacter ≥1.000 KBE/g nachgewiesen werden.
Untersuchte Lebensmittel 2023
Tier
Seit 2004 sind vom Bund, gemeinsam mit beauftragten Tierärztinnen, Tierärzten und der AGES, alljährlich Monitoring-Programme in Österreich gemäß der Überwachungsprogramme-Verordnung hinsichtlich ausgewählter Erreger bei Rindern, Schafen, Schweinen und Hühnern durchgeführt worden. Im Jahr 2014 trat ein neuer EU-Durchführungsbeschluss in Kraft, der vorsieht, im 2-Jahresrhythmus Masthühner- und Putenherden auf das Vorkommen von thermotolerantem Campylobacter zu untersuchen und die isolierten C. jejuni auf ihre Empfindlichkeit gegenüber Antibiotika auszutesten. 2015, 2017 und 2019 musste Geflügel nicht auf Campylobacter untersucht werden, im Jahr 2018 lag die Prävalenz von thermotoleranten Campylobacter in Masthühnerherden bei 55,5 %, in Putenherden bei 54,9 %. Sowohl bei Masthühnerherden als auch bei Putenherden sank die Prävalenz im Jahr 2020 auf unter 50 %.
Untersuchte Herden von Masthühnern und Puten
Fachinformation Humanmedizin
Diagnostik: Der Nachweis des Erregers erfolgt meist durch Anzucht aus dem Stuhl. An der nationalen Referenzzentrale für Campylobacter führen wir folgende Untersuchungen durch:
- Spezies-/Genusdifferenzierung von Campylobacter und verwandten Genera (biochemisch, MALDI-TOF, PCR, Sequenzierung)
- Antibiotikaresistenztestung: Ermittlung der Resistenz von Isolaten aus Mensch, Tier, Lebensmittel und Umwelt gegenüber klinisch relevanten bzw. epidemiologisch wichtigen Antibiotika auf Basis der minimalen Hemmkonzentration
- Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen der Zoonosen-Überwachungsrichtlinie 2003/99/EG
- Molekularbiologische Feintypisierung (mittels PFGE, MLST) von Isolaten im Rahmen der laborgestützten infektionsepidemiologischen Aufklärung von Infektionsquellen und -wegen
- Qualitativer und quantitativer Nachweis von Campylobacter in Lebensmitteln
Wir führen auch eine Stammsammlung (Human-, Veterinär-, Futtermittel- und Lebensmittelisolate), führen Ringversuche durch und bieten Beratung.
Für den Versand der Stämme eignen sich am besten frische Kulturen in Amies-Transportmedium mit Aktivkohle. Es sollten unbedingt Reinkulturen eingesandt werden. Einsendungen sollten stets mit der Angabe zur Herkunft der Isolate sowie mit den notwendigen klinischen und epidemiologischen Daten versehen sein. Bitte hierzu das entsprechende Einsendeformular verwenden.
Kontakt
Leitung
Mag. Dr. Sandra Köberl-Jelovcan
- sandra.koeberl-jelovcan@ages.at
- +43 50 555-61262
-
8010 Graz
Beethovenstraße 6
Downloads
Aktualisiert: 05.11.2024