Rübenzystennematoden
Heterodera schachtii
Steckbrief
Rübenzystennematoden sind wirtschaftlich die wichtigsten pflanzenparasitären Nematoden im Zuckerrübenanbau. Sie besitzen ein breites Wirtspflanzenspektrum und können sich an über 200 Pflanzenarten unter denen sich viele Kulturarten, vor allem in den Pflanzenfamilien der Kreuzblütler und der Gänsefußgewächse befinden, vermehren. Rübenzystennematoden sind typische Fruchtfolgeschädlinge und können zwischen 5 und 50 % Ertragsverluste verursachen.
Aussehen
Rübenzystennematoden sind mikroskopisch kleine Fadenwürmer, die im Boden leben und die Wurzeln parasitieren. Weibchen der Rübenzystennematoden lassen sich als stecknadelgroße weiße „Punkte“ (nicht ausgereifte Zysten) an den Wurzeln befallener Wirtspflanzen erkennen. Die Larven des zweiten Larvenstadiums sind farblos und durchsichtig und ca. 0,5 mm lang. Sie besitzen einen kräftigen Mundstachel. Die Zysten sind durchschnittlich 0,6 bis 0,8 mm groß und zitronenförmig. Nicht ausgereifte Zysten, die sich noch an den Wurzeln der Pflanze befinden sind weiß während Zysten im ausgereiften Zustand, die von den Wurzeln abfallen und im Boden bleiben, braun gefärbt sind.
Biologie
Die Rübenzystennematoden werden unter den Fadenwürmern (Nematoda) zur Familie der Heteroderidae gezählt.
Rübenzystennematoden leben im Boden und können in ihrer Dauerform, den mit Eiern bzw. mit Larven gefüllten braunen Zysten, auch ohne Wirtspflanzen jahrelang überleben. Daher können sie durchaus auch in Feldern nachgewiesen werden, auf denen über viele Jahre kein Anbau von Zuckerrüben stattgefunden hat. Reife Zysten sind mit bis zu 500 Eier und Larven gefüllt, die sich so lange im Ruhezustand befinden, bis sie durch äußere Einflüsse (im Wesentlichen klimatisch bedingt) zum Schlüpfen aus den Zysten aktiviert werden. Die Larven des zweiten Larvenstadiums wandern zu jungen, wachsenden Wurzeln, dringen in das Pflanzengewebe, mit Hilfe des kräftigen Mundstachels, ein und entwickeln sich in der Wurzel über das dritte und vierte Larvenstadium zu Männchen und Weibchen. Während die Männchen wurmförmig und beweglich sind, sind die Weibchen zitronenförmig und sitzen an den Wurzeln fest, wo sie ihre Saugtätigkeit fortsetzen. Nach der Befruchtung und Reifung der Eier sterben die Weibchen ab und bleiben jahrelang lebensfähig als Zyste im Boden. Unter geeigneten Bedingungen (Witterung und Temperatur) entwickeln Rübenzystennematoden pro Jahr mehrere Generationen. Für die Vollendung einer Generation benötigen Rübenzystennematoden eine Wärmesumme von 465 °C. Dies ergibt sich aus der Summe der täglichen Bodendurchschnittstemperaturen in zehn bis 20 cm Bodentiefe und den Werten oberhalb der Basistemperatur von 8 °C.
Schadsymptome
Befallene Pflanzen welken, kümmern und zeigen Wachstumshemmungen. Dieses Schadbild tritt meist nesterweise im Bestand (etwa ab Juni bei warmem Wetter) auf. Befallene Pflanzen welken bei Trockenheit im Sonnenschein stärker als nicht befallene Pflanzen, sie erholen sich in den Nachtstunden wieder. Der Rübenkörper bleibt klein und verzweigt sich, bildet verstärkt Seitenwurzeln aus und es kommt zur Ausbildung eines sogenannten Wurzelbartes (Bärtigkeit der Rübe). Durch die verstärkte Seitenwurzelbildung kommt es zur Erhöhung des Erdanhanges an den Rüben.
An den Seitenwurzeln findet man zitronenförmige Zysten.
Wirtspflanzen
Die Wirtspflanzen von Rübenzystennematoden sind vor allem Kreuzblütler (Brassicaceae) und Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae) wie z.B. Zucker- und Futterrübe, Raps, Rübsen, alle Kohlarten, Kohlrabi, Rettich, Radieschen, Spinat, Mangold, Ölrettich, Senf, sowie zahlreiche Unkräuter wie z.B. Meldearten, Gänsefußarten, Ackersenf, Hirtentäschelkraut, Vogelmiere usw.
Verbreitung
Rübenzystennematoden gibt es in fast allen intensiven Rübenanbaugebieten Europas, weltweit gesehen sind sie auch in Nordamerika, Asien und Australien vorzufinden. In Österreich kommen Rübenzystennematoden in einigen Rübenanbaugebieten vor.
Ausbreitung und Übertragung
Larven von Rübenzystennematoden besitzen eine geringe aktive Verbreitung (Wanderung) im Boden. Eine Ausbreitung von einer befallenen Fläche zu einer anderen Fläche erfolgt passiv durch das Verschleppen von Larven und Zysten durch Erde, die an Erntegeräten, Bodenbearbeitungsgeräten, Reifen von Traktoren oder Transportfahrzeugen haften kann. Zu beachten ist die Verfrachtung der Zysten durch Wind- und Wassererosion sowie die Verbreitung durch gemeinsam genutzte Erntemaschinen.
Wirtschaftliche Bedeutung
Rübenzystennematoden sind wirtschaftlich die wichtigsten Nematoden im Zuckerrübenanbau. Sie können zwischen fünf und 50 % Ernteverlust verursachen. Ertragsverluste werden auch vom Zeitpunkt der Aussaat, der Witterung und dem Ausgangsbefall beeinflusst.
Vorbeugung und Bekämpfung
- Rechtzeitige Feststellung eines Befalls durch Bodenuntersuchung auf Rübenzystennematoden vor dem geplanten Anbau
- Auf Betriebshygiene achten: Bei Nematodenbefall im Betrieb kommt der Reinigung von Bearbeitungsgeräten, Fußbekleidung und Fahrzeugen große Bedeutung zu, um eine Verschleppung der Zysten mit Erde auf weitere Flächen zu verhindern. Abfallerde vom Sortieren soll auf keinen Fall auf Ackerflächen oder auf den Misthaufen ausgebracht werden (Gefahr einer Nematodenverschleppung mit der Mistausbringung)
- Ein vierjähriger Fruchtwechsel ist wesentlich. Der Anbau von Zwischenfruchtpflanzen wie Mais, Roggen, Luzerne, Zichorie, Lein und Zwiebel veranlasst die Nematodenlarven zum Schlüpfen, verhindert aber deren weitere Entwicklung. Auch Neutralpflanzen, wie Getreide, Kartoffel, Mohn, Erbse, Klee, Sonnenblume und Hanf, sind in der Fruchtfolge empfehlenswert
- Anbau nematodenresistenter Zwischenfrüchte, z.B. resistente Ölrettichsorten bzw. Senfsorten nematodenresisten Zuckerrübensorten zur Verringerung und Reduzierung einer Nemtodenpopulation.
- Anbau einer toleranten Zuckerrübensorte zur Ertragssicherung bei nachgewiesenem Befall mit Rübenzystennematoden auf einer Fläche. Der Anbau von toleranten Zuckerrübensorten reduziert das Risiko des Ertragsverlustes, allerdings können tolerante Zuckerrübensorten zu einer Vermehrung von Rübenzystennematoden beitragen.
Fachinformation
Der Nachweis von Rübenzystennematoden auf einer Fläche lässt sich durch eine Bodenuntersuchung nach Stichprobenplan feststellen.
Aktualisiert: 23.10.2024