Schmallenberg-Virusinfektion
SBV
Steckbrief
Die Infektion mit dem Schmallenberg-Virus (SBV) kann bei Haus- und Wildwiederkäuern zu (fieberhaften) Durchfallerkrankungen mit stark vermindertem Allgemeinbefinden und Milchrückgang führen. Erfolgt die Infektion im Mutterleib, können schwerwiegende Missbildungen der Jungtiere vorkommen. Die Übertragung erfolgt durch den Biss von Gnitzen (beißend-saugende Insekten), sowie vom infizierten Muttertier auf den ungeborenen Nachwuchs. Der Erstnachweis in Tieren aus Österreich stammt aus dem Jahr 2012. Menschen sind nicht für die Infektion empfänglich.
Vorkommen
Der internationale Erstnachweis stammt aus dem Jahr 2011. Mittlerweile ist das Schmallenberg-Virus in Europa weitverbreitet
Wirtstiere
Das eigentliche Erregerreservoir ist nicht geklärt, vermutlich kann das Virus in den Gnitzen überwintern. In den von den Gnitzen parasitierten Tieren ist die Phase, in der Virus im Blut nachweisbar ist, sehr gering, sodass diese als Reservoir ausscheiden.
Infektionsweg
Die Übertragung erfolgt durch den Biss von Gnitzen bzw. auch von infizierten Muttertieren, die noch keine SBV-Infektion durchgemacht haben, auf den ungeborenen Nachwuchs.
Inkubationszeit
Wenige Tage
Symptomatik
Die Infektion von Feten kann abhängig vom Infektionszeitpunkt zu Aborten oder verschiedenen Missbildungen im Bereich des Kopfes und der Extremitäten sowie zur Geburt von lebensschwachen Kälbern, Lämmern oder Zicklein führen. Bei geborenen Tieren bleibt die Infektion unbemerkt, oder führt zu einer milden, vorübergehenden Erkrankung mit Durchfall, Fieber und Milchleistungsrückgang.
Therapie
Es gibt keine ursächliche Therapie. Die Infektion führt jedoch nur selten zu einer klinisch auffälligen Erkrankung.
Vorbeugung
Kommerzielle Impfstoffe wurden entwickelt. Es ist derzeit aber kein Impfstoff gegen SBV in Österreich zugelassen
Situation in Österreich
Im Zug des ersten Auftretens von SBV in Österreich kam es im Jahr 2012 zu einer sehr raschen Durchseuchung eines Großteils (annähernd 100 %) der österreichischen Rinderpopulation. Zeitlich versetzt wurden im Frühjahr des Folgejahres 2013 viele Missbildungen bei Kälbern, Lämmern und Zicklein beobachtet. Der Nachweis von Antikörpern in Wildwiederkäuern lieferte den Hinweis, dass auch diese Tiere von der SBV-Infektion betroffen waren. Seit dem ersten Auftreten ist die Häufigkeit an jährlichen Neuinfektionen aufgrund einer bestehenden Basisimmunität in der Wiederkäuerpopulation (Vorhandensein schützender Antikörper) deutlich geringer, es kommt jedoch zumeist im Zuge von Exportuntersuchungen alljährlich zu vereinzelten Nachweisen.
Im Jahr 2022 wurden 1.691 Blutproben von Rindern, Schafen, Ziegen und Rotwild auf Antikörper gegen SBV untersucht, wovon 656 (39 %) positiv waren. Demgegenüber wurde das Virus selbst nur in 18 von 8.107 virologisch untersuchten Proben nachgewiesen (0,2 %).
Untersuchungen auf Schmallenberg-Virusinfektionen in Österreich
Fachinformation
Das SBV ist ein behülltes RNA-Virus mit einzelsträngigem, segmentiertem Genom aus der Familie Bunyaviridae, Genus Orthobunyavirus. Verwandte Viren (Shamonda-, Aino- und Akabane-Virus; „Simbu-Serogruppe“) sind in Australien, Asien und Afrika verbreitet und rufen dort in der Regel zunächst nur eine sehr milde Klinik hervor. Werden allerdings trächtige Tiere infiziert, so können zeitverzögert zum Teil erhebliche kongenitale Schäden, Frühgeburten und Störungen im Fruchtbarkeitsgeschehen auftreten.
Nach heutigem Wissensstand ist von keiner Gefährdung des Menschen durch SBV auszugehen.
Treten in einem Bestand bei Kälbern Missbildungen oder Totgeburten auf, so ist mit dem zuständigen Amtstierarzt Kontakt aufzunehmen, der die erforderlichen Schritte zur Einsendung von Proben oder des abortierten Fötus an geeignete Laborstellen durchführen wird. Die Untersuchung auf SBV ist privat zu tragen. Nachdem SBV nicht anzeigepflichtig ist, bleibt der Nachweis aber seuchenrechtlich ohne Konsequenzen.
Übertragung
Die Übertragung erfolgt durch Gnitzen (Culicoides spp.). Aufgrund des saisonalen Auftretens dieser Vektoren sind akute Infektionen sowie zufällige Nachweise von SBV im Rahmen von Routineuntersuchungen (z. B. Exportuntersuchungen) auf die Sommer und Herbstmonate beschränkt. Naive Muttertiere können die Infektion auf die Feten transplazentar übertragen.
Symptomatik
bei akuter Infektion: In den meisten Fällen kommt es zu keiner oder nur einer gering ausgeprägten und kurzzeitigen klinischen Symptomatik, die durch Fieber, Durchfall oder Milchleistungsrückgang gekennzeichnet ist. Im Zuge der akuten Infektion kann es bei trächtigen Tieren auch zu Aborten kommen.
bei transplazentarer Infektion: Werden trächtige, naive Muttertiere in einem empfänglichen Zeitraum infiziert (beim Schaf vermutlich zwischen dem 30. und 50. Tag, beim Rind etwa während des 75. bis 175. Trächtigkeitstages), kann die Infektion zu schweren Missbildungen an Extremitäten (Arthrogrypose) und Kopf (Hydrocephalie, Torticollis, Hydranencenphalie) führen. Die Geburt missgebildeter und/oder lebensschwacher Jungtiere erfolgt abhängig vom Infektionszeitpunkt und der Tragezeit der unterschiedlichen betroffenen Tierarten im Winter und Frühling.
Diagnostik
Die Untersuchung auf Antikörper aus Blut (Serum) erfolgt mittels ELISA oder (selten) Serumneutralisationstest. Das Ergebnis erlaubt eine Aussage, ob das Tier Kontakt mit dem Virus hatte. Zur Abgrenzung einer rezenten von einer länger zurückliegenden Infektion kann ein Serumneutralisationstest an paarigen Serumproben durchgeführt werden. Eine durchgemachte Infektion führt in der Regel zur Immunität.
Die Untersuchung mittels PCR erfolgt aus Blut, Samen und Organen (Gehirn, Rückenmark, Milz) sowie Abortmaterial: Die PCR weist das Virus bzw. Virusbestandteile direkt nach. Im Blut ist SBV nur während eines sehr kurzen Zeitraumes (wenige Tage) nachweisbar. Auch im Samen ist SBV im Zuge einer akuten Infektion zumeist kurzzeitig nachweisbar; in seltenen Fällen kann es auch zu längerfristiger Nachweisbarkeit von SBV im Samen kommen.
In allen Fällen sollte der Probenversand an das Labor idealerweise unter Beigabe von Kühlmitteln und Berücksichtigung der entsprechenden Transportbestimmungen (UN3373) durch ein dazu berechtigtes Logistikunternehmen durchgeführt werden.
Kontakt
Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling
- vetmed.moedling@ages.at
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2340 Mödling
Robert Koch-Gasse 17
Aktualisiert: 14.10.2024