Kleiner Fuchsbandwurm

Echinococcus multilocularis, Echinococcus granulosus

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Steckbrief

Die Echinokokkose ist eine Krankheit, die durch Larven der Bandwurm-Gattung Echinococcus hervorgerufen wird. In Europa kommen der Kleine oder fünfgliedrige Fuchsbandwurm, Echinococcus (E.) multilocularis, der Erreger der alveolären Echinokokkose und der dreigliedrige Hundebandwurm, E. granulosus, der Erreger der zystischen Echinokokkose, vor.

Vorkommen

Der Kleine Fuchsbandwurm kommt in zahlreichen europäischen Ländern, insbesondere aber in Österreich, Deutschland, der Schweiz und Frankreich vor. In Bayern und Nordtirol ist er im Durchschnitt bei jedem dritten bis vierten Fuchs, in Vorarlberg fast bei jedem zweiten Fuchs nachweisbar. Das Vereinigte Königreich, Norwegen, Finnland, Malta und Irland sind amtlich anerkannt frei vom Kleinen Fuchsbandwurm.
Der Hundebandwurm ist weltweit vertreten, mit einer Häufung in Osteuropa, im Mittelmeerraum und in den Balkan-Staaten. In Österreich gilt der Hundebandwurm als ausgestorben.

Erregerreservoir

E. multilocularis: Zwischenwirt: Kleinnager, Endwirt: Fuchs
E. granulosus: Zwischenwirt: Schaf, Ziege, Schwein, Rind, Endwirt: Hund

Infektionsweg

Kleiner Fuchsbandwurm: Die 2-3 mm kleinen fünfgliedrigen Würmer leben im Dünndarm von Füchsen, selten von Katzen und Hunden. Alle ein bis zwei Wochen schnüren sie das letzte, etwa 500 Eier enthaltende, Bandwurmglied ab, das mit dem Kot in die Umwelt gelangt. Werden diese Bandwurmeier von geeigneten Zwischenwirten (z. B. Kleinnagern wie Mäusen) beim Fressen aufgenommen, entwickeln sich aus den Eiern Larven, die über die Darmschleimhaut in das Blut und weiter in die Organe, insbesondere die Leber gelangen, wo infektionstüchtige Bandwurmköpfchen, so genannte Scolices, entstehen. Nimmt eine Person – der Mensch stellt einen Fehlzwischenwirt für diese Parasiten dar – unbeabsichtigt diese mikrosopisch kleinen Eier auf, können sich die Larven entwickeln und das Lebergewebe infiltrativ durchwachsen, wie ein bösartiger Tumor, als Alveolarzysten bezeichnet. Das Krankheitsbild wird als alveoläre Echinokokkose bezeichnet.

Hundebandwurm: Die 3-6 mm großen erwachsenen Würmer leben im Dünndarm von Hunden. Alle ein bis zwei Wochen schnüren sie das letzte, bis zu 1.500 Eier enthaltende Bandwurmglied ab, das mit dem Kot in die Umwelt gelangt. Diese Bandwurmglieder oder Eier werden von Zwischenwirten (Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine) beim Weiden aufgenommen. Aus den Eiern entwickeln sich Larven, die über die Darmschleimhaut in das Blut und weiter zu Leber und anderen Organen (z. B. Lunge, Herz, Milz) gelangen, wo sie zu blasenförmigen Gebilden, sogenannte Finnen, oder Zysten heranwachsen. Innerhalb dieser Zysten werden tausende „Köpfchen“ gebildet, aus denen sich jeweils neue Bandwürmer entwickeln können, sobald zystenhaltiges Gewebe von einem Hund gefressen wird. Beim Menschen, wie in den Zwischenwirten, wird das Krankheitsbild als zystische Echinokokkose bezeichnet. Der Mensch steckt sich über Schmutz- und Schmierinfektion durch Aufnahme von Echinococcus-Eiern aus Fuchs- oder Hundekot an.

Inkubationszeit

Alveoläre Echinokokkose: 5-15 Jahre
Zystische Echinokokkose: Monate bis Jahre

Symptomatik

Alveoläre Echinokokkose: Die häufigsten Symptome sind Schmerzen im Oberbauch sowie Gelbsucht, gelegentlich treten auch Müdigkeit, Gewichtsverlust oder eine vergrößerte Leber, verursacht durch krebsartiges Wachstum des Parasitengewebes, auf.

Zystische Echinokokkose: Häufig Schmerzen im rechten Oberbauch durch bis zu 30 cm große eingekapselte Zysten in der Leber. Der seltenere Befall der Lunge ist durch Atembeschwerden und Husten charakterisiert.

Therapie

Ziel der Behandlung ist die vollständige chirurgische Entfernung der Echinococcus-Zysten, was allerdings in einem fortgeschrittenen Stadium meist nicht oder kaum mehr möglich ist. Daher umfasst die Behandlung eine Kombination aus chirurgischem Eingriff und Verabreichung einer antihelminthischen Chemotherapie.

Zystische Echinokokkose: Für die Therapie steht auch die PAIR-Technik zur Verfügung: durch Ultraschall kontrollierte Punktion (P), Aspiration (A), Instillation (I) von Wurmköpfchen abtötenden Substanzen und Reaspiration (R) des Zysteninhaltes, gemeinsam mit antihelminthischer Therapie.

Vorbeugung

Echinococcus-Eier weisen eine relativ hohe Resistenz gegen Kälte auf und können somit viele Monate infektionstüchtig bleiben. Durch Trockenheit und hohe Temperaturen werden sie jedoch innerhalb kurzer Zeit abgetötet.

Zur Vermeidung einer Ansteckung mit E. multilocularis sollten die Hände nach Arbeiten mit Erde und Gras gründlich gewaschen werden. Hunde, die Mäuse jagen, öfters im Jahr fachgerecht entwurmen. Auch beim Kontakt mit Hunden auf eine ordentliche Handhygiene achten. Nahrungsmittel, die in Bodennähe wachsen (beispielsweise Gemüse, Pilze, Beeren oder auch Fallobst) vor dem Verzehr gründlich waschen oder wenn möglich abkochen. Bei Kontakt mit toten Füchsen oder Fuchskot Handschuhe verwenden.

Zur Vermeidung von Ansteckung mit E. granulosus sollten Hunde regelmäßig entwurmt und nicht mit Schlachtabfällen von befallenen Schafen gefüttert werden.

Situation in Österreich

Mensch

Alveoläre Echinokokkose: Im Jahr 2022 wurden 24 Fälle gemeldet (17 Frauen, 7 Männer; Stand 22.02.2023), das entspricht einer Verdopplung der Fälle im Vergleich zum Jahr 2021

Zystische Echinokokkose: Im Jahr 2022 wurden 30 Fälle ins EMS gemeldet (Stand 22.02.2023). Der überwiegende Teil der Fälle weist einen Auslandsbezug auf.

Fachinformation

Kleiner Fuchsbandwurm: Der Kleine Fuchsbandwurm ist in erster Linie ein Bandwurm des Fuchses (auch Goldschakal, Marderhund und Wolf), seltener von Hund und Katze, mit verschiedenen Mäusearten (Feldmaus, Rötelmaus, Wühlmaus, Schermaus), Bisamratte und anderen Kleinsäugern als Zwischenwirt. Die bis 4 mm langen ausgewachsenen Bandwürmer leben zwischen den Darmzotten der Dünndarmschleimhaut von Füchsen und ernähren sich von der halbverdauten Nahrung ihres Wirtes. Im Dünndarm eines hochgradig infizierten Fuchses können mehrere Tausend E. multilocularis-Exemplare gefunden werden. Trotz dieser großen Anzahl an Parasiten ist ein befallener Fuchs nicht sichtbar krank. Das letzte Bandwurmglied, typischerweise sind es 5 Glieder, kann mehrere hundert infektiöse Eier enthalten, welche mit der Fuchslosung in die Außenwelt gelangen. Werden diese mikroskopisch kleinen Eier von Zwischenwirten (meist Mäusen) im Zuge der Nahrungsaufnahme aufgenommen, schlüpfen im Darm des Nagetieres kleine Larven, welche in die Darmwand eindringen und über die Blutbahn in die Leber gelangen. In diesen hoch empfänglichen Zwischenwirten entwickeln sich in der Leber mit Flüssigkeit gefüllte Blasen (Bandwurmfinnen) mit zahlreichen Bandwurmkopfanlagen. Die befallene Maus erkrankt innerhalb weniger Wochen, wird schwerfällig und eine leichte Beute des Fuchses. Wird nun der befallene Zwischenwirt vom Endwirt Fuchs erbeutet, so entwickelt sich in diesem eine neue Bandwurmgeneration, die bereits nach 4 Wochen infektionstüchtige Eier produzieren kann. Der Übertragungszyklus schließt sich, sobald diese reifen Eier über den Kot des Endwirtes ausgeschieden werden. Die Eiausscheidung kann mehrere Monate anhalten. In der Außenwelt überleben die Eier von E. multilocularis in Mitteleuropa während des Sommers bei ausreichender Feuchtigkeit 2-3 Monate, in kühleren Jahreszeiten bis 8 Monate.

Von Bedeutung ist der Kleine Fuchsbandwurm nicht primär für den Fuchs, sondern für den Menschen, welcher im Entwicklungszyklus des Parasiten einen Fehlzwischenwirt darstellt. Durch die ungewollte Aufnahme dieser mikroskopisch kleinen Eier entwickelt sich meist in der Leber von infizierten Personen organzerstörendes, parasitäres Gewebe. Infolge Verschleppung abgelöster Zellverbände über den Blutkreislauf kann es zu Fernmetastasen, z. B. in der Lunge oder im Gehirn, ähnlich wie bei einem bösartigen Tumor, kommen. Vom Zeitpunkt der Infektion bis zum Auftreten der ersten Symptome können 5-15 Jahre vergehen. Die Krankheit wird beim Menschen als Alveoläre Echinokokkose bezeichnet, tritt vorwiegend bei älteren Personen auf und manifestiert sich in einer Symptomatik, die jener bei einem Leberkrebs ähnelt.

Im Jahr 2022 wurden in den östlichen Bundesländern inklusive Wien 27 erlegte Füchse auf eine Infestation mit E. multilocularis untersucht, drei Tiere wurden als Träger dieser Parasiten identifiziert (Veterinärmedizinische Universität Wien, Institut für Wildtierkunde). Bei 46 von 201 untersuchten Füchsen aus Kärnten wurde ebenfalls der Kleine Fuchbandwurm nachgewiesen (NRL-Echinokokken, AGES-Institut für Veterinärmedizinische Untersuchungen Innsbruck).

Dreigliedriger Hundebandwurm: Die 3-6 mm großen erwachsenen Würmer leben in der Dünndarmschleimhaut von Hunden oder anderen Karnivoren. Alle ein bis zwei Wochen schnüren sie das letzte, bis zu 1.500 Eier enthaltende Bandwurmglied ab, das mit dem Kot in die Umwelt gelangt. Diese Bandwurmglieder werden von Zwischenwirten (Schafe, Ziegen, Rinder, Schweine) beim Weiden aufgenommen. Aus den Eiern entwickeln sich Larven, die über die Darmschleimhaut in das Blut und weiter zu Leber und anderen Organen (z. B. Lunge, Herz, Milz) gelangen, wo sie zu blasenförmigen Gebilden, sogenannte Finnen oder Zysten heranwachsen. Innerhalb dieser Zysten werden tausende „Köpfchen“ gebildet, aus denen sich jeweils neue Bandwürmer entwickeln können, sobald zystenhaltiges Gewebe von einem Hund gefressen wird. Beim Menschen, der für diesen Parasiten einen Fehlzwischenwirt darstellt, wird das Krankheitsbild als zystische Echinokokkose bezeichnet. Der Mensch steckt sich über Schmutz- und Schmierinfektion durch Aufnahme von E. granulosus-Eiern aus Hundekot an.

Hunde gelten in Österreich im Allgemeinen als frei von Wurmbefall mit E. granulosus. Der Fuchsbandwurm ist in Nordtirol im Durchschnitt bei jedem dritten bis vierten Fuchs, in Vorarlberg fast bei jedem zweiten Fuchs nachweisbar.

In Österreich werden Organe und Muskel aller Schlachttiere, die auch mögliche Zwischenwirte von Echinokokken sein können, auf das Vorhandensein von Wurmfinnen und Zysten untersucht. Werden solche Parasitenstadien festgestellt, ist keine Speziesdifferenzierung der Parasiten vorgesehen. Die Schlachtkörper werden als schwachfinnig oder starkfinnig deklariert. Starkfinnige Schlachtkörper werden als untauglich für den menschlichen Genuss klassifiziert und entsorgt. Schwachfinnige Schlachtkörper können unter Kontrolle des amtlichen Tierarztes durch Tiefgefrieren brauchbar gemacht werden.

Kontakt

Leitung

Dr. Michael Dünser

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Aktualisiert: 10.10.2023