Batrachochytrium salamandrivorans

Bsal

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Steckbrief

Amphibien sind die weltweit am stärksten bedrohte Wirbeltierklasse. Neben Biotopveränderungen führen insbesondere Pilzinfektionen zu Bestandseinbrüchen. Der „Salamanderfresser“ oder die "Salamanderpest", ein Pilz (Batrachochytrium salamandrivorans), infiziert die Haut der Amphibien und führt insbesondere bei Schwanzlurchen wie Salamandern und Molchen zum Tod.

Vorkommen

Weltweit, der Pilz wurde über den Handel mit Schwanzlurchen von Asien nach Europa eingeschleppt

Wirtstiere

Gefährdete Wirtstiere sind Amphibien, insbesondere Schwanzlurche; Froschlurche zeigen keine Symptome, können aber Überträger der Pilzinfektion sein. In mehreren europäischen Ländern (Deutschland, Belgien, Spanien, Niederlande, Großbritannien) kam es im Freiland bereits zum Massensterben von Salamandern und in der Folge in den Befallsregionen zum Aussterben ganzer Populationen

Infektionsweg

In Gefangenschaft wird der Pilz durch infizierte Tiere, durch Einrichtungsgegenstände und tierische Beiprodukte aus Pilz-verseuchten Terrarien auf gesunde Tiere übertragen. Im Freiland kann der Eintrag des Pilzes in ein Biotop über wandernde Schwanz- und Froschlurche, über Vögel, über das Biotop aufsuchende Tiere und über den Menschen erfolgen.

Inkubationszeit

7 Tage

Symptomatik

Hochansteckende Infektion, die bei Schwanzlurchen nach einer mehr oder weniger ausgeprägten klinischen Symptomatik (Hautläsionen, Hautgeschwüre) meist zum Tode führt. 12-18 Tage nach der Infektion bzw. 7 Tage nach Auftreten erster Symptome tritt bei Schwanzlurchen der Tod ein

Therapie

Schwanzlurche in Gefangenschaft können mit speziellen Pilzmitteln behandelt werden. Behandlungen haben sich bei gleichzeitig erhöhter Haltungstemperatur als wirksam erwiesen

Vorbeugung

Die EU überlegt ein Handels- und Einfuhrverbot von Schwanzlurchen aus Asien. Angekaufte bzw. im Handel erstandene Schwanzlurche müssen genau auf Pilzinfektionen untersucht werden. Sie sollten von bereits vorhandenen, in Gefangenschaft gehaltenen Tieren vorerst mittels einer Quarantäne getrennt gehalten werden. Tierische Beiprodukte in Zusammenhang mit der Haltung von Schwanzlurchen müssen einer Hitzebehandlung (10 Tage bei 25 °C) unterzogen werden. Einrichtungsgegenstände aus Terrarien, die mit infizierten Tieren in Berührung gekommen sind, sollten vor Wiederverwendung gründlich gereinigt und desinfiziert werden

Situation in Österreich

2016-2017 hat die Veterinärmedizinische Universität ein aktives Monitoring durchgeführt; derzeit sind in Österreich keine Befallsregionen bekannt

Fachinformation

Batrachochytrium salamandrivorans (Bsal), ist ein pathogener Pilz (Gattung: Batrachochytrium, Ordnung: Rhizophydiales, Klasse: Chytridiomycetes), der hauptsächlich Schwanzlurche - Salamander und Molche - befällt. In Regionen, in denen der Pilz bereits nachgewiesen wurde, gelten diese Lurche aufgrund des Massensterbens nach Pilzinfektionen als bedrohte Arten. Bsal wurde bei Tieren in der Natur und in Gefangenschaft in Deutschland (Region: Eifel, Ruhrgebiet - Raum Essen, Bayern; 2018), Belgien (2013), Spanien, Niederlande (2008, 2013) und Großbritannien nachgewiesen.

B. salamandrivorans stammt ursprünglich aus Asien (Japan, China und Südostasien) und ist für die dortige Amphibienfauna nicht gefährlich. Im Laufe der Evolution konnten sich die Amphibien Asiens an den Pilz anpassen. Sie zeigen nur eine geringe Symptomatik. Für die europäischen Schwanzlurcharten ist der Pilz jedoch neu; die Tiere infizieren sich, erkranken und sterben. Die Infektion gesunder Tiere kann direkt über den Kontakt mit kranken Tieren oder indirekt über kontaminiertes Wasser durch mobile Zoosporen oder Substrat erfolgen. Der Pilz kommt in Europa in der Natur und gehäuft in der Terrarienhaltung vor. Vermutlich wurde der Pilz über den weltweiten Handel mit exotischen Schwanzlurcharten und Unken (Bombina microdeladigitora, Hubel-Rotbauchunke) in Europa eingeschleppt. Genaue Details sind nicht bekannt.  Der Handel ist nach wie vor Gefahrenquelle Nummer eins.

B. salamandrivorans ist nahe verwandt mit B. dendrobatidis (Chytridpilz, Bd). Der Pilz bildet im Unterschied zum Chytridpilz einen Thallus mit Keimschläuchen aus. Er kommt gehäuft in Form von koloniebildenden Thalli vor. Der Thallus besteht im reifen Zustand aus einem Sporangium mit Keimschläuchen und Rhizoiden. Die im Sporangium befindlichen Zoosporen sind beweglich und dienen der Verbreitung des Pilzes. Die Epidermis gesunder Tiere wird von den Zoosporen infiziert. Daneben gibt es noch Dauersporen, die gegen Umwelteinflüsse resistent sind und über längere Zeit ungünstige Umweltbedingungen im Boden oder Wasser überdauern können. Die optimale Umgebungstemperatur für Bsal beträgt 10-15 °C, nach 5 Tagen bei 25 °C kommt es zum Absterben des Pilzes.

B. salamandrivorans stellt eine Bedrohung für die Biodiversität der europäischen Amphibienpopulation dar. Gegen die Ausbreitung des Pilzes ist kein Gegenmittel bekannt; befallenen Populationen müssen als verloren betrachtet werden. Von der EU wurden Expert:innen mit dem Aufbau eines europäischen Warnsystems zur Ausbreitung des Erregers beauftragt. Einige europäische Länder führen ein landesweites Monitoring durch (z. B. die Niederlande und die Tschechische Republik). In Österreich wurde 2016-2017 von der Veterinärmedizinischen Universität ein aktives Monitoring durchgeführt. Die EU empfiehlt die Etablierung von passiven Monitoring-Teams, die nach einem harmonisierten Protokoll arbeiten. In manchen europäischen Ländern mit bereits etablierten Befallsregionen werden sogar Schwanzlurche aus der Population entnommen und in ein Erhaltungszuchtprogramm übergeführt.

Importbeschränkungen wurden in der Schweiz und in Ungarn implementiert. 2018 wurden von der Europäischen Kommission zeitweilig Handelsbeschränkungen für den Import von Salamandern aus Drittländern beschlossen. Diese regeln jedoch nicht den Import von Anuren, die als Träger von Bsal fungieren können. Illegal im Freiland ausgesetzte, möglicherweise infizierte Tiere sind zunehmend Gefahrenquellen für den Amphibienbestand.

Symptomatik

Von der Infektion mit Bsal waren bisher nachweislich folgende Schwanzlurcharten betroffen (siehe auch EFSA 2017 Appendix E): der Feuersalamander (Salamandra salamandra), der nordamerikanische Feuersalamander (S. algira), der korsische Salamander (S. corsica), der kleinasiatische Salamander (S. infraimmaculata) der Alpen-(Berg-)molch (Ichthyosaura alpestris), der Teichmolch (Lissotriton (syn. Triturus) vulgaris) und der Fadenmolch (L. helveticus). Die Infektion ist hochansteckend und endet für Schwanzlurche fast immer tödlich. Die Krankheit kann einen schnellen, oder wie beim Alpenmolch einen langsamen Verlauf zeigen. Ein Infektionsgeschehen in einem Biotop führt meist in Kombination mit anderen ungünstigen Faktoren zum Totalausfall der Population. Eine krankhafte Infektion von Froschlurchen (Fröschen und Kröten) ist bisher nicht bekannt. Jedoch können Froschlurche (z. B. die Geburtshelferkröte Alytes obstetricans) Zwischenwirte sein. Sie können den Pilz auf ihrer Haut tragen und so vermutlich als Reservoir und Überträger fungieren.

Klinische Symptome bei Schwanzlurchen: Nur adulte Tiere sind betroffen, da der Hautpilz die keratinhaltigen Bestandteile der Haut angreift, die während des Larvenstadiums noch fehlen. Infektionen mit Bsal bei Feuersalamandern sind in der Regel an kreisförmigen, schwarz umrandeten, oberflächlichen Hautläsionen als auch an tiefgreifenden Hautgeschwüren zu erkennen. Die Hautgeschwüre sind häufig von Bakterien besiedelt. Die Ausprägung der Hautläsionen variiert je nach Amphibienart.  Bei Molchen ist ein mehr oder wenig langer symptomfreier Krankheitsverlauf möglich. 12-18 Tage nach der Injektion bzw. 7 Tage nach Auftreten erster Symptome tritt bei Schwanzlurchen der Tod nach kurzer Phase von Anorexie (Appetitlosigkeit), Ataxie (Störungen der Bewegungskoordination), Lethargie und Apathie (Teilnahmslosigkeit) ein.

Diagnostik

Hautläsionen sind im frühen Infektionsstadium nicht immer sichtbar, sondern meist erst kurz vor dem Tod. Molekularbiologische Analysen (Duplex-qPCR, EFSA 2018) müssen daher oft im Verdachtsfall gemacht werden. Bevorzugtes Probenmaterial bei Lebendtieren sind Hautabstriche. Mischinfektionen von Bsal und Bd kommen vor.

Die ELISA-Technik bzw. die Kultivierung des Pilzes führt oft zu ungenauen Ergebnissen bzw. falsch negativen Resultaten und ist daher als diagnostisches Mittel nicht zu empfehlen (siehe EFSA 2017).

In der Natur wird man auf Bsal-Infektionen meist erst nach Todfunden aufmerksam. Im Todesfall kann neben der molekularbiologischen Analyse noch eine histologische Untersuchung der Hautläsionen durchgeführt werden. Während es beim Befall mit dem Chytridpilz nur zur Hyperplasie bzw. Hyperkeratose kommt, entstehen bei Pilzinfektionen mit Bsal auch tiefe über den Körper verteilte Geschwüre. Die Keratinozyten an den Rändern der Läsionen sind nekrotisch und enthalten einen Thallus.

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

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Aktualisiert: 10.10.2023