Ansteckende Schweinelähmung

Teschovirus encephalomyelitis

Steckbrief

Die ansteckende Schweinelähmung (Teschener Krankheit) ist eine bei Haus- und Wildschweinen vorkommende Infektionskrankheit, die durch hoch virulente Stämme des Porcinen Teschovirus Serotyp 1 (PTV-1, Fa. Picornaviridae) verursacht wird.

Vorkommen

Infektionen mit virulenten Stämmen des Porcinen Teschovirus (PTV-1) sind heutzutage sehr selten geworden (nur noch auf den Inseln Haiti, Madagaskar und La Réunion). In Westeuropa treten sie nicht mehr auf, hier dominieren vorwiegend milde Stämme und Verlaufsformen.

Wirtstiere

Haus- und Wildschweine

Infektionsweg

Direkt von Tier zu Tier (fäkal-oral) oder indirekt über kontaminierte Infektionsträger (Gegenstände, kontaminiertes Schweinefutter etc.)

Inkubationszeit

1 bis 2 Tage

Symptomatik

Schwere Verlaufsformen bei Hausschweinen sind zunächst durch hohes Fieber, Abgeschlagenheit, Inappetenz und Ataxie (vor allem Nachhandschwäche) gekennzeichnet und gehen dann zumeist in eine Enzephalomyelitis über, die häufig mit Lähmungserscheinungen (Paraplegie oder Quadriplegie) assoziiert ist. Vor dem Eintreten der zentralnervösen Störungen kann Durchfall auftreten. Die Erkrankung verläuft in 20-100 % der Fälle tödlich, wobei der Tod 3-4 Tage nach dem Auftreten der ersten Symptome eintritt. Die Subakute Formen („Talfan disease“) mit geringer Sterblichkeit sind häufig und es treten ebenfalls Symptome wie Fieber, Ataxie und Nachhandlähmung auf; die Lähmungserscheinungen sind jedoch meist reversibel. Neben diesen beiden Krankheitsbildern sind auch inapparente Verlaufsformen beschrieben.

Therapie

Es gibt keine Therapie

Vorbeugung

Die Ansteckende Schweinelähmung ist eine nach dem Tierseuchengesetz anzeigepflichtige Tierseuche. In Österreich ist die Impfung nicht erlaubt. Inaktivierte und attenuierte Impfstoffe existieren, werden aber auch im EU-Raum nicht eingesetzt.

Situation in Österreich

In Österreich besteht für die Ansteckende Schweinelähmung (Infektion mit Porcinem Teschovirus 1 (PTV 1)) gemäß § 16 des Tierseuchengesetzes (TSG) Anzeigepflicht. Der Verdacht einer Teschovirus-Enzephalitis ist dem Amtstierarzt zu melden. Bei entsprechender klinischer Symptomatik und dem diagnostischen Nachweis von PTV-1 entscheidet der Amtstierarzt ob Sperr-/Keulungsmaßnahmen notwendig sind - je nach Virulenz/Verlaufsform der Krankheit. In den vergangenen 10 Jahren konnten nur seltene milde ZNS-Verlaufsformen, die durch andere PTV Stämme und/oder Porcine Enterovirus G verursacht wurden, nachgewiesen werden.

Fachinformation

Synonyme: Teschovirus Encephalomyelitis, Teschener Krankheit, Teschen/Talfan Disease, Polioencephalomyelitis enzootica suum, Porcine Enterovirus Enzephalomyelitis, Benign Enzootic Paresis

Die Teschene Krankheit wurde erstmals in der Tschechischen Stadt Teschen im Jahr 1929 festgestellt. 1957 wurde ein PTV-1 Virus mit milderer klinischen Form in Talfan (Wales) nachgewiesen.

Das Porcine Teschovirus A ist ein RNA-Virus das zum Genus Teschovirus A der Familie Picornaviridae gehört. Früher waren die Teschoviren der Gruppe der Enteroviren mit insgesamt 13 Serotypen zugeordnet. Basierend auf dem cytopathischen Effekt (CPE), Replikationseigenschaften in verschiedenen Zelllinien des Wirtes, serologischen Testverfahren und Sequenzdaten, wurden die porzinen Enteroviren (PEV) laufend reklassifiziert und sind in aktuell 3 Gruppen eingeteilt: Teschovirus A (vormals Porcines Teschovirus), Sapelovirus A (vormals Porcines Enterovirus A, PEV-8) und Enterovirus G (vormals Porcines Enterovirus B, PEV-9 und PEV-10).

Differentialdiagnostisch kommen Infektionen mit Sapelovirus A (PSV-A), Porcine Enterovirus G (PEV-G), Porcine Parvovirus, PRRSV, die Aujeszkysche Krankheit, Europäische Schweinepest, Afrikanische Schweinepest, Colienterotoxämie, Selenvergiftung bzw. andere Intoxikationen, Wirbelkanalabszesse, Traumata, bakterielle Meningo(enzephalitiden) in Betracht.

Übertragung

Die erste Replikation erfolgt in den Tonsillen sowie im Darmepithel (insbesondere Ileum, Colon). Die enterale Phase ist klinisch nicht signifikant und geht ohne morphologische Veränderungen einher. Nach der enteralen Phase folgen die Virämie und die Invasion des ZNS mit dem typischen Bild einer nicht-eitrigen (Enzephalo)myelitis (Gehirn- bzw. Rückenmarkentzündung). Während der virämischen Phase zeigen manche Serotypen Affinität zum Uterus. Eine Besiedelung des Uterusgewebes mit den Erregern kann zum intrauterinem Fruchttod führen.

Die Infektion tritt am häufigsten bei Absatzferkeln aufgrund der Abnahme der maternalen Immunität sowie aufgrund der in diesem Lebensalter üblichen gemeinsamen Unterbringung von Tieren unterschiedlicher Herkunft auf. Nach 24 Stunden ist das Virus in großen Mengen in den Tonsillen und Zervikallymphknoten, nach 48 Stunden in den Mesenteriallymphknoten und im Kot nachweisbar. Koinfektionen von Teschoviren mit anderen Picornaviridae, z. B. PSV-1 und PEV-G, kommen vor.

Symptomatik

Teschen disease (schwerwiegende, fatale/letale Form)

  • Erreger: virulente Stämme von Porcines Teschovirus 1 (PTV 1)
  • Vorkommen: ursprünglich in Europa, sporadisch Afrika, China, Haiti, Brasilien, Kanada
  • hohe Morbidität (Individuen einer Population), hohe Mortalität (bis zu 90 %), bei allen Altersgruppen
  • Klinik: Konvulsionen, Opisthotonus, Nystagmus, Koma, Tod nach 3-4 Tagen, überlebende weisen zurückbleibende Paralysen auf

Talfan disease (milde Verlaufsformen sind heutzutage vorherrschend)

  • Erreger: Weniger virulente Teschovirus-Stämme, inklusive PTV-1
  • Vorkommen: kommt weltweit und häufiger vor als Teschen disease
  • Parese, Ataxien, selten Paralyse, oft symptomlos, 95 % der einer Infektion ausgesetzten Tiere entwickeln latente oder inapparente Infektionen

Diagnostik

Als Probenmaterial sind geeignet:

  • Blut (EDTA/Serum)
  • Gehirn inkl. Rückenmark und trigeminal Ganglion
  • Organe

Der Nachweis von PTV aus obigen Materialien ist mit folgenden Verfahren möglich:

  • Real-Time RT-PCR, konventional RT-PCR (ggf. unterstützt durch Sequenzierung)
  • Virusisolierung in der Zellkultur
  • Histopathologische Untersuchung
  • Immunhistochemischer Antigennachweis am Gewebeschnitt

Die klinischen Symptome erlauben lediglich eine Verdachtsdiagnose. Der Verdacht einer Teschovirus-Enzephalitis ist dem Amtstierarzt zu melden. Eine definitive Diagnose kann nur unter Berücksichtigung der klinischen Symptomatik und Epidemiologie, der pathomorphologischen Veränderungen (nicht-eitrige (Enzephalo)myelitis) und bei erfolgreichem Erregernachweis (Nachweis von PTV-1) gestellt werden.

Werden andere Teschovirus- oder Enterovirus-Serotypen nachgewiesen, so handelt es sich um milde Verlaufsformen ohne weiteren Handlungsbedarf, da die Krankheit nicht therapierbar ist. Schwer betroffene Tiere sollen bei progressivem Verlauf euthanasiert werden, vielfach kommt es jedoch zur Selbstheilung.

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

Als .docx herunterladen

Aktualisiert: 10.10.2023