Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
Steckbrief
Beschreibung
Nitrate (NO3-) sind Stickstoffverbindungen, die von Natur aus im Boden vorkommen. Sie sind aber auch Bestandteil von Düngemitteln und gelangen auf diese Weise vermehrt in den Boden. Nitrat dient Pflanzen als Nährstoff und ist ein wichtiger Wachstumsfaktor. Es wird über die Wurzeln aus dem Boden aufgenommen und hilft beim Aufbau organischer Verbindungen wie Proteinen und Nukleinsäuren. Nitrit (NO2-) ist ein Zwischenprodukt bei der Umwandlung von Nitrat und entsteht mithilfe von Mikroorganismen und Enzymen. Es kann in Lebensmitteln gebildet werden oder im Körper bei der Verdauung entstehen. Nitrosamine sind Reaktionsprodukte von Nitriten oder Stickoxiden mit Aminen oder Substanzen mit Aminogruppen. Sie können in Gegenwart dieser Stoffe sowohl in Lebensmitteln als auch im Körper gebildet werden. Eine Vielzahl an Lebensmitteln, beispielsweise Wurstwaren, Fischprodukte, Bier, Käse, Sojasauce, Öle und Gemüseprodukte, können Nitrosamine enthalten.
Vorkommen
Überschüssiges Nitrat wird von den Pflanzen vorwiegend in Stielen, Blattrispen und den äußeren Blättern (wasserleitende Teile) gespeichert. Die Aufnahme- und Speicherfähigkeit unterscheidet sich nach Pflanzenart und wird auch von der Intensität der Sonneneinstrahlung beeinflusst.
Faktoren, die den Nitratgehalt in Lebensmitteln beeinflussen:
- Sonnenlicht und Wärme begünstigen den Abbau von Nitrat in der Pflanze. Trockenheit erhöht allerdings die Nitratanreicherung
- Unterschiedliche Pflanzenarten haben unterschiedlich hohe Nitratgehalte
- Düngung erhöht den Nitratgehalt in Pflanzen
- Gemüse aus Glashaus und Folienkulturen haben aufgrund der geringeren Sonneneinstrahlung höhere Nitratgehalte als Feldgemüse
- Raumtemperatur erhöht die Umwandlung von Nitrat in Nitrit: Lagerung und Transport von nitratreichen Lebensmitteln sollte daher gekühlt erfolgen
Gemüse
Besonders stark nitratspeichernde Pflanzen sind beispielsweise Rucola, Häuptelsalat, Vogerlsalat, Mangold, Spinat, Rettich, Radieschen, Rote Rüben, Kohlrabi und Kohlgemüse. Natürlich vorkommende Nitritgehalte in pflanzlichen Lebensmitteln sind sehr niedrig. Das Auftreten von Nitrosaminen in Gemüse, insbesondere Blattgemüse und eingelegtem/gesalzenem Gemüse, ist auf einen hohen Nitratgehalt, einen niedrigen pH-Wert, das Vorhandensein von Nitrit und Glucosinolaten (das sind schwefel- und stickstoffhaltige Senfölglycoside) zurückzuführen. Weiters können einige Pilzarten, nämlich Fusarium Monoliforme, Nitrat zu Nitrit reduzieren und die Menge an sekundären Aminen in Gemüse erhöhen.
Fleisch und Fleischprodukte
Vor allem gepökelte Fleischerzeugnisse enthalten häufig nachweisbare Mengen an Nitrosaminen, hauptsächlich aufgrund der Verwendung von Nitrit als Konservierungsmittel. Mehrere zusätzliche Faktoren beeinflussen das Auftreten, wie z. B. Temperatur, pH-Wert, Verarbeitungsbedingungen (d. h. Rohmaterial und Lagerung) und das Vorhandensein freier Amine, insbesondere biogener Amine.
Zusatzstoffe
Nitrite (E249-250) und Nitrate (E251-252) werden auch zur Konservierung von Lebensmitteln wie z.B. Fleisch, gepökelten Fleischwaren wie Schinken, Speck und Geselchtes, Fisch sowie Hart- und Schnittkäse eingesetzt. Der Einsatz von Nitrat- und Nitritpökelsalz soll das Wachstum des Bakteriums Clostridium botulinum verhindern und führt zu einer Rotfärbung des Fleischprodukts.
Trinkwasser
Nitrat kann aus dem Boden in das Grundwasser gelangen und somit auch im Trinkwasser vorkommen. Für Nitrat in Trinkwasser gilt ein Parameterwert von 50 mg/l. Das bedeutet, dass Wasser mit höheren Nitrat-Konzentrationen nicht als Trinkwasser und somit auch nicht für die Zubereitung von Säuglingsnahrung geeignet ist. Für Nitrit gilt ein Parameterwert von 0,1 mg/l Trinkwasser. Auch Spuren von Nitrosaminen können im Trinkwasser vorhanden sein. Sie stellen Nebenprodukte der Desinfektion dar, die entstehen, wenn Wasser mit bestimmten Desinfektionsmitteln, wie Chloramin oder Natriumhypochlorit, behandelt wird. Weitere mögliche Quellen für Nitrosamine im Trinkwasser können Schadstoffe aus der Umwelt sein, insbesondere aus Abgasen von Dieselfahrzeugen, der Ausbringung von Klärschlamm auf nitrat- oder nitritreichen Böden und der Verwendung bestimmter kontaminierter Pestizide.
Gesundheitsrisiko
Nitrat an sich ist für die Gesundheit relativ ungefährlich. Allerdings sollte man auch nicht zu viel Nitrat über die Ernährung aufnehmen, da Nitrat im Lebensmittel oder durch die Verdauung durch Bakterien oder enzymatische Umwandlung zu Nitrit umgewandelt werden kann: Im Körper wandelt Nitrit den roten Blutfarbstoff Hämoglobin in Methämoglobin um. Im Gegensatz zu Hämoglobin kann Methämoglobin keinen Sauerstoff binden und in die Gewebe transportieren, das führt zu Sauerstoffmangel in den Geweben und kann im schlimmsten Fall bis zur inneren Erstickung führen.
Vor allem für Säuglinge ist in den ersten Lebensmonaten eine hohe Nitrat- bzw. Nitritaufnahme gefährlich, da es dadurch zu einer sogenannten Methämoglobinämie („Blausucht“, eine Unterversorgung des Blutes mit Sauerstoff) kommen kann. Eine mögliche Ursache dafür ist eine hohe Nitratbelastung des Wassers, das für die Herstellung von Säuglingsnahrung benutzt wird.
Auch bei bakteriellen Infektionen des Magen-Darm-Traktes besteht das Risiko, dass Nitrat im Darm vermehrt zu Nitrit umgewandelt wird. Kleinkinder und Kinder, die an bakteriellen Magen-Darm-Infektionen leiden, sollten daher keinen Spinat essen.
Außerdem können im Verdauungstrakt aus Nitrit sogenannte N-Nitroso-Verbindungen (z.B. Nitrosamine) gebildet werden. Die meisten dieser Verbindungen wurden anhand von Tierversuchsstudien als krebserregend eingestuft. Bei Nagetieren treten Tumore verursacht durch Nitrosamine vorwiegend in der Leber, aber auch im oberen Magen-Darmtrakt und in den Atemwegen auf. Ob dies auch für den Menschen gilt bzw. in welchem Ausmaß die Aufnahme von Nitrit bzw. Nitrat über Lebensmittel zur Bildung dieser krebserregenden Verbindungen führt, ist noch nicht eindeutig geklärt.
Situation in Österreich
Mit der Verordnung (EG) Nr. 2023/915 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln wurden Höchstgehalte für Nitrate in bestimmten Blattgemüsen festgelegt. Da die klimatischen Bedingungen und die Anbauform einen wesentlichen Einfluss auf den Nitratgehalt haben, wurden je nach Saison (Ernte im Winter/Sommer) bzw. Anbauform (unter Folie/Glas, Freiland) unterschiedliche Höchstgehalte eingeführt.
Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelkontrolle werden die geregelten Produktgruppen regelmäßig auf die Einhaltung der gesetzlichen Höchstgehalte kontrolliert. Im Rahmen des Nationalen Nitratkontrollprogramms zur Überwachung des Nitratgehaltes von Spinat, Salat und Rucola wurden 2022 von 92 Proben bei fünf Proben Spinat die gesetzlichen Höchstgehalte überschritten.
Nationales Nitratkontrollprogramm bei Spinat, Salat und Rucola 2022
Nationales Nitratkontrollprogramm bei Spinat, Salat und Rucola 2021
Nationales Nitratkontrollprogramm bei Spinat, Salat und Rucola 2020
Nationales Nitratkontrollprogramm bei Spinat, Salat und Rucola 2019
Nationales Nitratkontrollprogramm bei Spinat, Salat und Rucola 2018
Nationales Nitratkontrollprogramm bei Spinat, Salat und Rucola 2017
Pathogene Keime und Nitrat in Rohwürsten und Rohpökelwaren aus der Direktvermarktung 2020
Tipps
Nitrat- und Nitritaufnahme reduzieren:
- Vermehrt nitratarme Gemüsesorten wie Tomaten und Gurken konsumieren
- Blattstiele, Blattrispen und äußere grüne Blätter bei Salaten und Kohlgemüse entfernen
- Gemüse kurz, lichtgeschützt und kühl lagern
- Verzehr von gepökelten Fleischwaren einschränken und diese auch nicht grillen, da hohe Temperaturen zusammen mit Eiweißbestandteilen aus der Nahrung Nitrosamine bilden
Fachinformation
Nitrat wird hauptsächlich über Gemüse und Wasser aufgenommen. Es wird im begrenzten Umfang aber auch endogen gebildet. Nitrat wird schnell über den Magen und den Dünndarm in das Plasma absorbiert. Bis zu 25% des aufgenommenen Nitrats wird über die Speicheldrüsen in die Mundhöhle transportiert und dort mit dem Speichel abgegeben. Ein Teil des Nitrats im Speichel wird von Bakterien in der Mundhöhle zu Nitrit reduziert, das mit nicht umgewandeltem Nitrat verschluckt wird. Bei gesunden Erwachsenen werden normalerweise etwa 5 - 7 % des aufgenommenen Nitrats im Speichel zu Nitrit umgewandelt. Säuglinge und Patienten mit Magen-Darmerkrankungen, die einen höheren pH-Wert im Magen haben, können eine erheblich größere Umwandlungsrate haben. Nitrat wird vorwiegend mit dem Harn ausgeschieden. Die akzeptierbare tägliche Aufnahmemenge (ADI) liegt für das Nitrat-Ion ab dem 4. Lebensmonat bei 3,7 mg/kg Körpergewicht (Weltgesundheitsorganisation, WHO). Der ADI für das Nitrit-Ion liegt bei 0,07 mg/kg KG/d. Das ist jene Menge, die ein Mensch sein Leben lang täglich aufnehmen kann, ohne dass mit gesundheitlichen Risiken zu rechnen ist. Wird diese akzeptierbare tägliche Aufnahme kurzfristig überschritten, besteht für Konsumentinnen und Konsumenten kein gesundheitliches Risiko.
In Österreich beträgt die durchschnittliche ernährungsbedingte Nitrataufnahme bei Kindern 0,75 mg/kg KG/d, für Jugendliche 0,34 mg/kg KG/d und für Erwachsene 0,39 mg/kg KG/d. Blattgemüse trägt am meisten zur Nitrataufnahme bei. Die Aufnahme von Nitrat über das Trinkwasser wird auf 1,43 -1,67 mg/kg KG/d geschätzt. Der ADI wird bei einer durchschnittlichen Aufnahme nicht überschritten. Vielverzehrende Kinder überschreiten den ADI um das 1,5-fache.
Die durchschnittliche tägliche Aufnahmemenge von Nitrit beträgt für Kinder 0,009-0,01 mg/kg KG/d, für Jugendliche 0,005-0,006 mg/kg KG/d und für Erwachsene 0,003 mg/kg KG/d. Für die Nitritaufnahme wurden aber lediglich Fleischwaren berücksichtigt. Die Hauptaufnahmequellen waren Wurstwaren. Lebensmittel wie Fisch und Käse wurden nicht berücksichtigt. Der ADI wird hier nicht überschritten.
Mögliche positive Effekte
Im Magen entsteht aus Nitrit Stickstoffmonoxid (NO): Stickstoffmonoxid zeigt in Studien eine gefäßerweiternde und somit blutdrucksenkende Wirkung. Ihm wird auch ein schützender Effekt auf den Magen zugeschrieben, da es die Blutzirkulation in der Magenschleimhaut anregt und einen positiven Effekt auf die Dicke der Schleimschicht an der Magenwand hat. Stickstoffmonoxid wird jedoch auch mit zunehmendem oxidativen Stress und DNA-Schäden in Verbindung gebracht.
Schon vor längerer Zeit wurde die antibakterielle Wirkung von Nitrit beschrieben. In Versuchen mit dem Bakterium Helicobacter pylori, das als Auslöser von Tumoren im Magen-Darm-Trakt gilt, zeigte sich Nitrit als wirkungsvolles Bakterizid.
AGES Wissen Aktuell online: Abschätzung der Aufnahme von Nitrat und Nitrit über Lebensmittel
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Information zu Nitrat 2008, Information zu Nitrat 2017
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Information zu Nitrit 2017
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Information zu Nitrosaminen 2023
Deutsches Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Information zu Nitrat
Aktualisiert: 27.03.2024