Mikroplastik

Mikroplastik

Beschreibung

Unter Mikroplastik versteht man verschieden geformte Kunststoffteilchen mit einer Größe von 0,1-5.000 µm (0,1 µm – 5 mm). 100 µm, also das 1000-fache von 0,1 µm, entsprechen in etwa der Dicke eines Blatt Papiers, während 5 mm der durchschnittlichen Länge einer roten Ameise entsprechen.

Grundsätzlich wird zwischen primären und sekundären Mikropartikeln aus Kunststoff unterschieden. Primäre Mikropartikel werden gezielt in der für den Gebrauch vorgesehenen Größe hergestellt wie z.B. für Duschgels, Handwaschseifen und Zahnpasta. Sie dienen hier der mechanischen Reinigung der Haut beziehungsweise der Zähne. Sekundäre Mikropartikel entstehen unbeabsichtigt aus gewöhnlichen Gebrauchsgegenständen aus Kunststoff durch Alterungs- und Zerfallsprozesse wie z. B. durch Abrieb von Produktionsanlagen oder durch Umweltverschmutzung. Sie kommen wesentlich häufiger als primäre Mikropartikel aus Kunststoff vor und stellen v. a. in den Meeren ein Problem dar. Über Fische und Meeresfrüchte kann Mikroplastik in die Nahrungskette gelangen.

Steckbrief

Vorkommen

Mikroplastik kommt sowohl in Böden, Sedimenten, Pflanzen, Tieren, in der Luft als auch im Meer vor und kann folglich auch in die Nahrungskette gelangen. Es wird unbeabsichtigt durch den Menschen in die Umwelt eingebracht, beispielsweise über Textilien, Reifenabrieb, Produkte wie Kosmetika und Waschmittel, die Mikroplastik enthalten, Abfall, Fischerei, Landwirtschaft und Industrie. So gelangt Mikroplastik etwa über Spülwasser bei der Verwendung von Kosmetika, über Textilfasern aus dem Waschmaschinenabwasser oder durch Reifenabrieb in die Kanalisation. In Kläranlagen wird zwar das Abwasser von Mikroplastik befreit, allerdings gelangt es bei der Verwendung von Klärschlamm als Dünger in die Böden.

Dem Österreichischen Umweltbundesamt zufolge trägt Reifenabrieb am meisten zur Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt bei, gefolgt von Abfallentsorgung und Textilwäsche.

Im Zuge einiger Untersuchungen wurde bereits nachgewiesen, dass Mikroplastik von Meerestieren wie Fischen, Muscheln und Garnelen mit Plankton verwechselt und dieses als Nahrung aufgenommen wird. Außerdem konnte bereits gezeigt werden, dass dieses Mikroplastik auch in den Magen-Darm-Trakten dieser Tiere wiederzufinden ist. Dennoch ist hier mit einer äußerst geringen Aufnahme von Mikroplastik aus Fischen und Meeresfrüchten zu rechnen, da für gewöhnlich nur ausgenommene Fische verzehrt werden. Neben dem Nachweis von Mikroplastik in Fischen gibt es auch Berichte über das Vorkommen von Mikroplastik in Lebensmitteln wie Meeresfrüchten, Salz, Zucker, Honig, Obst, Gemüse, Reis, Trinkwasser und Bier.

Eine Aufnahme von Mikroplastik aus Kosmetika über die gesunde Haut ist nicht zu erwarten. Auch durch versehentliches Verschlucken von Zahnpasta können diese Partikel aufgrund ihrer Größe nur in äußerst geringen Mengen über den Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden, während der Großteil wieder über den Stuhl ausgeschieden wird.

Gesundheitsrisiko

Die genauen toxikologischen Effekte von Mikroplastik auf den Menschen wurden bisher noch nicht umfassend untersucht. Sowohl das BfR (Deutsches Bundesinstitut für Risikobewertung) als auch die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) haben bereits Empfehlungen veröffentlicht, weiterführende Untersuchungen im Hinblick auf Mikroplastik durchzuführen. Aufgrund des Mangels an relevanten belastbaren Daten sind unter anderem toxikologische Untersuchungen hinsichtlich der Aufnahme und Wirkung von Mikroplastik im menschlichen Körper sowie Studien zum Abbau von Mikroplastik und zur möglichen Entstehung von Nanokunststoffpartikeln im menschlichen Verdauungstrakt für eine bessere Einschätzung des Gesundheitsrisikos nötig.

Situation in Österreich

Seit Oktober 2023 dürfen so genannte Mikroperlen (Microbeads) nicht mehr in kosmetischen Mitteln enthalten sein. Weitere Verbote für Mikroplastik in Kosmetik werden EU-weit in den kommenden Jahren folgen.

In Düngemitteln dürfen seit 2019 in der Trockenmasse nicht mehr als 0,1 Prozent an Kunststoffen, die größer sind als 2 mm, enthalten sein. Wir untersuchen schwerpunktmäßig Gärreste von Biogasanlagen und Kompost haltige Kultursubstrate (Blumenerden) im Rahmen der Düngemittelüberwachung. Bei den Gärresten gibt es vereinzelt Grenzwertüberschreitungen.

Über Futtermittel ist ein Eintrag von Mikroplastik und damit auch eine Aufnahme durch Tiere über Verpackungsteile möglich. Verpackungen und Verpackungsteile von Erzeugnissen der AGro-Lebensmittelindustrie sind in Futtermitteln verboten (Anhang III der VO (EG) 767/2009). Futtermittel, die diese Stoffe enthalten, sind damit nicht verkehrsfähig. Die AGES überprüft dies im Rahmen der Futtermittelkontrolle.

Bezüglich des sekundären Mikroplastiks aus der Umweltverschmutzung gibt es innerhalb der  EU zahlreiche Projekte sowie Gesetzesinitiativen, die sich mit der marinen Verschmutzung auseinandersetzen und diese reduzieren wollen, wodurch auch die Entstehung von Mikroplastik vermindert wird. Informationen  zur EU-Kunststoffstrategie oder zum österreichischen Aktionsplan Mikroplastik finden sich auf der Website des BMK Kunststoffe (bmk.gv.at)

Untersuchung von Mikroplastik in Salz

Im Rahmen einer Schwerpunktaktion 2021 haben wir in Kooperation mit dem Österreichischen Umweltbundesamt zwanzig ausgewählte Proben von Salz auf Mikroplastik untersucht. Ziel war es, einen Überblick über die Zusammensetzung und die Anzahl der Mikroplastikteilchen in Speisesalz zu erhalten. Nur eine der 20 Proben war frei von Mikroplastik. Acht Proben wiesen Mikroplastikgehalte unter 500 Stück pro kg auf, in sieben Proben wurden Mikroplastikgehalte zwischen 500 und 5000 Stück pro kg bestimmt, vier Proben hatten einen Gehalt von über 5000 Partikeln pro kg. Es wurden zehn verschiedene Kunststoffarten identifiziert. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass bei den verzehrfertigen Salzproben ohne Mahlwerk am häufigsten die Kunststoffarten Polypropylen (PP), Polyethylen (PE) und Polyethylenterephthalat (PET) vorhanden waren. Bei Proben aus vorbefüllten Salzmühlen hingegen wurden vor allem die Kunststoffarten Polycarbonat (PC) und Polystyrol (PS), gefolgt von Polypropylen (PP) identifiziert. Diese stammen vorwiegend aus dem Abrieb der Mahlwerke. Die drei aus Österreich stammenden Salzproben wiesen wenig bis gar kein Mikroplastik auf.

Tipps

Vermeidung der Bildung von weiterem Mikroplastik zum Beispiel durch:

  • Verwendung von Mehrweg- statt Einwegprodukten (Behälter, Taschen, etc.), z.B. Vorratsbehälter aus Glas und Stofftragetaschen aus Naturfasern
  • richtige Entsorgung von nicht mehr benötigten Kunststoffprodukten über Wertstoffsammelstellen oder den Hausmüll
  • Bevorzugung von Textilien aus Naturfasern
  • Bevorzugung von Kosmetika und Waschmittel, die kein Mikroplastik enthalten

Fachinformation

Sofern es zu einer oralen Aufnahme von Mikroplastik kommt, sei es über das Schlucken von Zahnpasta oder über den Verzehr von kontaminierten Meeresfrüchten, ist die tatsächliche Aufnahme über den Magen-Darm-Trakt in die Körperzellen gering. Hier spielt vor allem die jeweilige Partikelgröße eine Rolle. So können laut  EFSA grundsätzlich nur Partikel mit einer Größe unter 150  µm aufgenommen werden und hiervon wiederum nur maximal 0,3 %. Die toxikologische Relevanz einer Aufnahme derartig geringer Mengen Mikroplastik in die Körperzellen ist bisher weitgehend ungeklärt.

Mikroplastik kann auch eine Quelle für Schadstoffe darstellen, die entweder bereits bei der Kunststoffherstellung zugegeben werden (Additive) und  z.B. Weichmacher beinhalten können, oder die während der Verweildauer im Meer oder in der Umwelt adsorbiert werden. Zu den im Meereswasser vorkommenden organischen und anorganischen Schadstoffen, die an Mikroplastik anhaften und dort in weiterer Folge angereichert werden können, zählen vor allem Verbindungen wie organische Chlorverbindungen (z.B. Polychlorierte Biphenyle (PCBs), Pestizide) oder polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs).

In einer Worst-Case-Szenario-Berechnung kommt die  EFSA zu dem Ergebnis, dass mit 225  g Muschelfleisch (1 Portion Muscheln) rund 7  µg Kunststoff aufgenommen werden würden. Dies würde zugleich weniger als 0,01 % der geschätzten täglichen Aufnahme der Schadstoffe  PCBs und  PHAs, sowie weniger als 2 % der geschätzten täglichen Aufnahme von Bisphenol A entsprechen. Dementsprechend kommt die  EFSA zu dem Schluss, dass selbst ein übermäßiger Verzehr von Meeresfrüchten keinen nennenswerten Einfluss auf die mit Kunststoffen assoziierte Schadstoffaufnahme hat.

Kosmetika

Im Oktober 2023 ist eine Verordnung der EU-Kommission zur Beschränkung von synthetischen Polymermikropartikeln in Kraft getreten, von der auch kosmetische Mittel betroffen sind. Für kosmetische Mittel gelten Einschränkungen bezüglich der Verwendung von Mikroplastik durch den neuen Eintrag Nr. 78 im Anhang XVII der REACH Verordnung. Diese Polymerpartikel („Mikroplastik“) sollen schrittweise nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Die weit gefasste Definition von Mikroplastik umfasst alle synthetischen Polymerpartikel unter 5 mm, die organisch, unlöslich und schwer abbaubar sind.

Die ersten Maßnahmen umfassen das Verbot von losem Glitter und Abrasiv-wirkende synthetischen Polymermikropartikel (sogenannte Microbeads bzw. Mikroperlen). Diese dürfen für die Verwendung in kosmetischen Mitteln und die entsprechenden kosmetischen Mittel seit Oktober 2023 nicht mehr in den Verkehr gebracht werden (keine Übergangsfrist)

Für andere synthetische Polymermikropartikel, die in der Kosmetik verwendet werden, wurden unterschiedliche Übergangsfristen zwischen vier und zwölf Jahren festgelegt, um den betroffenen Interessenträgern Zeit zur Entwicklung und Umstellung auf Alternativen zu geben:

  • 4 Jahre Übergangsfrist (Oktober 2027) gilt für Mikroplastik in auszuspülenden/abzuspülenden kosmetischen Mitteln (ausgenommen Microbeads bzw Mikroperlen).
  • 6 Jahre Übergangsfrist (Oktober 2029) gilt für Mikroplastik in Mittel, die auf der Haut/in den Haaren verbleiben und für Mikroplastik zur Verkapselung von Duftstoffen ausgenommen Microbeads bzw Mikroperlen).
  • 12 Jahre Übergangsfrist (Oktober 2035) gilt für Mikroplastik in Lippenmittel, Nagelmittel und Make-up-Produkten ausgenommen Microbeads bzw Mikroperlen).

Mikroplastik und Kunststoffrückstände in Düngemitteln

Die europäische Düngemittelverordnung (EU) 2019/1009 wird mit einem delegierten Rechtsakt geändert, um neue Anforderungen an Polymere hinsichtlich der biologischen Abbaubarkeit in EU-Düngemittelprodukten festzulegen. Diese Abbaukriterien betreffen insbesondere Polymere, welche als Hüllsubstanzen die Nährstofffreisetzung in Düngemittel kontrollieren oder die Wasserhaltekapazität des Bodens erhöhen. Im Boden muss das Polymer innerhalb von 48 Monaten plus der auf dem Etikett angegebenen Funktionsdauer eine Abbaurate oder Mineralisation von mindestens 90 % erreichen. Die Änderungen an der Verordnung (EU) 2019/1009 tragen dazu bei, die Nutzung von Polymeren in Düngemittelprodukten umweltfreundlicher zu gestalten, indem sie strengere Anforderungen an die biologische Abbaubarkeit und klare Anweisungen für die Anwendung und Entsorgung vorschreiben. Laut einem vorliegenden Entwurf sollen diese Änderungen 2028 in Kraft treten.

Einsatz von Mulchfolien

Mit einem weiteren delegierten Rechtsakt, der auf europäischer Ebene in Vorbereitung ist, sollen Mulchfolien aus Polymeren als erlaubte Komponente in die EU-Verordnung über Düngeprodukte aufgenommen werden.
Der entsprechende Rechtsakt zur Änderung der EU VO 2019/1009 legt die entsprechenden biologischen Abbaubarkeitskriterien und Testmethoden fest, die mit Unterstützung einer externen Studie ermittelt wurden.
Diese Folien sollen dazu beitragen, die physikalischen oder chemischen Eigenschaften, die Struktur oder die biologische Aktivität des Bodens zu verbessern oder zu schützen. Sie halten Wasser im Boden und erhöhen die Bodentemperatur, was das Pflanzenwachstum fördert und den Einsatz von Düngemitteln effizienter macht.

Die biologischen Abbaubarkeitskriterien berücksichtigen sowohl die Funktion der Mulchfolien als auch die verfügbaren Testmethoden. Die Abbaubarkeit im Boden sollte innerhalb von 24 Monaten gewährleistet sein. Darüberhinaus müssen Polymere in Mulchfolien eine Reihe von Toxizitätstests bestehen, darunter Tests auf akute Toxizität für Pflanzen, Regenwürmer und die Nitrifikationshemmung.
Die Änderungen zielen darauf ab, die Nutzung und Entsorgung von Mulchfolien umweltfreundlich zu gestalten, indem sie sicherstellen, dass diese Folien biologisch abbaubar sind, und keine langfristigen negativen Auswirkungen auf die Umwelt haben.

Beschluss der Kommission vom 9. Dezember 2014 zur Festlegung der Umweltkriterien für die Vergabe des EU-Umweltzeichens für „Rinse-off“-Kosmetikprodukte (2014/893/EU)

Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Mikroplastik

Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie: Europäische Kunststoffstrategie

Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), 2016: Presence of microplastics and nanoplastics in food, with particular focus on seafood

Europäische Kommission/Gruppe leitender wissenschaftlicher Berater, 2019: Wissenschaftliche Stellungnahme Nr. 6/2019. Umweltverschmutzung durch Mikroplastik – Risiken für Umwelt und Gesundheit. doi:10.2777/646065

Europäisches Parlament, 2018: Wegwerfprodukte aus Plastik: Parlament stimmt für Verbot ab 2021

Garrido Gamarro, E. & Costanzo, V. 2022. Microplastics in food commodities – A food safety review on human exposure through dietary sources. Food Safety and Quality Series No. 18. Rome, FAO.

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen (2018): Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft

Öffentliches Gesundheitsportal Österreich: Wie kann Mikroplastik vermieden werden?

Umweltbundesamt, 2015: Plastik in der Donau. Untersuchung zum Vorkommen von Kunststoffen in der Donau in Österreich

Umweltbundesamt, 2018: Erstmals Mikroplastik im Menschen nachgewiesen

Umweltbundesamt, 2020: Mikroplastik in der Umwelt. Statusbericht 2019

Umweltbundesamt, 2020: Factsheet Mikroplastik

Weltgesundheitsorganisation (WHO). 2022. Dietary and inhalation exposure to nano- and microplastic particles and potential implications for human health.

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Aktualisiert: 23.07.2024