Lektine

Steckbrief

Lektine sind natürliche Inhaltsstoffe von Pflanzen, Pilzen und Tieren. Sie dienen Pflanzen als Schutz vor Krankheiten und Schädlingen. Lektine sind daher auch in Lebensmitteln wie z. B. Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Gemüse enthalten. Werden sie in hohen Mengen aufgenommen, z. B. wenn man nicht ausreichend gekochte Bohnen isst, können sie zu Vergiftungserscheinungen mit Übelkeit, Magenschmerzen, Erbrechen und Durchfall führen.

Vorkommen

Lektine sind in Lebensmitteln wie z.B. Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Gemüse enthalten. Sie sind weit verbreitet und wurden in verschiedenen Pflanzenfamilien gefunden. Hülsenfrüchte wie Bohnen, Kidneybohnen, Sojabohnen, Erbsen, Kichererbsen und Linsen haben den höchsten Lektingehalt. Durch Einweichen und ausreichend Kochen wird der Lektingehalt stark reduziert.

Gesundheitsrisiko

Werden Lebensmittel mit hohem Lektingehalt gegessen, kann es zu Vergiftungen kommen. Die richtige Zubereitung dieser Lebensmittel ist daher wichtig, um den Lektingehalt zu reduzieren. Die ersten Symptome einer Vergiftung machen sich nach etwa zwei bis drei Stunden bemerkbar und reichen von leichten Magenverstimmungen über Bauchschmerzen bis hin zu Darmentzündungen. Übermäßiger Konsum kann im schlimmsten Fall zum Tod führen. Die Verträglichkeit variiert von Mensch zu Mensch. Auf Grund des niedrigen Körpergewichts sind Kinder besonders gefährdet. Bei Vergiftungserscheinungen sollte auf jeden Fall ärztlicher Rat eingeholt werden.

Situation in Österreich

Für Lektine gibt es derzeit keine gesetzlichen Höchstgehalte und keine gesundheitlichen Richtwerte.

Tipps

Um den Lektingehalt in Lebensmitteln zu reduzieren, gibt es folgende Möglichkeiten:

  • Einweichen (am besten über Nacht und im Anschluss das Einweichwasser wegschütten)
  • In Wasser kochen, das reduziert den Gehalt an Lektinen effektiver als ausschließliches Einweichen in Wasser, da sie hitzeempfindlich sind
  • Fermentieren
  • Keimen
  • Die äußere Schale von Getreide oder Hülsenfrüchten entfernen
  • Hülsenfrüchte aus Dosen verwenden, sie sind bereits vorgekocht
  • Bei Hülsenfrüchten keinen Schongarer verwenden, da die erforderliche Temperatur möglicherweise nicht erreicht wird

Fachinformation

Lektine sind Glykoproteine, die die Aufnahme und Verwertung von Nährstoffen im Körper beeinträchtigen können. Sie dienen Pflanzen als Fraßschutz sowie als Schutz vor Krankheiten und Schädlingen und wurden in verschiedenen Pflanzenfamilien gefunden, wie zum Beispiel:

  • Adoxaceae (z. B. Holunderbeere…)
  • Amaranthaceae (z. B. Quinoa, Schwarzkümmelsamen…)
  • Cannabaceae (z. B. Hanfsamen)
  • Fabaceae (z. B. Adzukibohnen, Kichererbsen, Linsen…)
  • Gramineae (z. B. Gerste, Reis, Weizen…)
  • Lamiaceae (z. B. Chiasamen)
  • Linaceae (z. B. Leinsamen)
  • Pedaliaceae (z. B. Sesam)
  • Solanaceae (z. B. Paprika, Kartoffel, Tomate, Melanzani…)

Verschiedene Lektinarten haben unterschiedliche Bindungsfähigkeiten, daher variieren ihre Effekte. Lektine können sowohl gegenüber dem sauren pH-Wert im Magen als auch den Verdauungsenzymen im Darm sehr widerstandsfähig sein. Folglich können sie nicht vollständig im Magen-Darm-Trakt abgebaut werden und die Darmpassage ist somit verzögert. Sie binden sich an die Zellen der Darmschleimhaut und es kommt zu Schäden auf den Darmzotten befindlichen Mikrovilli. Die Mikrovilli sorgen für eine Vergrößerung der Darmoberfläche und für eine optimale Nährstoffaufnahme. Werden sie beschädigt, ist die Nährstoffaufnahme beeinträchtigt. Untersuchungen zeigen, dass durch Lektine die Aufnahme von Calcium, Eisen, Phosphor und Zink beeinträchtig wird. Daher zählen Lektine zu den sogenannten Anti-Nutritiva. Andererseits haben Lektine auch positive Eigenschaften wie z. B. eine antioxidative Wirkung, zudem sorgen sie für ein längeres Sättigungsgefühl, einen langsamen Blutzucker Anstieg und einen stabilen Insulinspiegel. Lektine sind in Lebensmitteln wie z.B. Hülsenfrüchten, Vollkorngetreide und Gemüse enthalten. Diese sind auch reich an B-Vitaminen, Proteinen, Ballaststoffen und Mineralstoffen. Der Verzehr dieser Lebensmittel hat trotz des Vorhandenseins der Lektine positive Eigenschaften für den Körper.

Die höchste Lektinaktivität wurde in Fabaceaen, also in Hülsenfrüchten wie Bohnen, Kidneybohnen, Sojabohnen, Erbsen, Kichererbsen und Linsen gemessen. Am bekanntesten ist das Lektin Phasin, das vor allem in rohen Bohnen enthalten ist.

Um Lektine zu messen, werden diese in der Einheit Hämagglutinierung (HAU) angegeben. Messungen zeigten, dass rote Kidneybohnen in ihrer Rohform 20.000 – 70.000 HAU enthalten und nach einem gründlichen Kochprozess der Lektingehalt auf 200 – 400 HAU sinkt. In einer Studie wurde die Lektinaktivität in verschiedensten Lebensmitteln im rohen und verarbeiteten Zustand gemessen (eingeweicht, gekocht). Kichererbsen hatten im rohen Zustand circa 13.312 HAU/g. Nach 12 Stunden einweichen und 30 Minuten kochen reduzierte sich die Lektinaktivität auf 6.656 HAU/g.  Einweichen und kochen haben einen großen Einfluss auf die Lektinkonzentration im Lebensmittel.

Mehr Informationen zu Hülsenfrüchten

Hülsenfrucht im Fokus

Klimafitte Ernährung

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Aktualisiert: 28.08.2024